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Das Projekt für das neue Oetzi Museum ist defizitär
13.06.2022
Das Ina-Gebäude an der Bozner Talferbrücke
Das Ina-Gebäude an der Bozner Talferbrücke

Das Projekt für das neue Oetzi Museum vom Renzo Piano Building Workshop Team regt zur Diskussion an.  Das Kuratorium, unterstützt durch den wissenschaftlichen Beirat, und in Zusammenarbeit mit dem FAI und Italia Nostra weist auf städtebauliche und architektonische Gestaltungskriterien hin, die im Projekt defizitär sind.

Die Stahltragstruktur bildet einen Kubus mit jeweils einer Kantenlänge von 20 m , der von 4 Stahlstützen über 2 Geschosse getragen wird und mit Diagonalstreben ausgesteift wird.Der Kubus ist im Erdgeschoss auf 4 Stützen vom Parterre der Stadt abgehoben. Sie korrespondieren mit den Stämmen des Birkenwaldes. Die unterirdische Verbindung mit offener Stufenrampe von der Altstadt zu den Talferwiesen mit Untertunnelung der Rosministrasse führt über eine interne Piazza über der sich der Museumskubus befindet. Bei der Analyse der Höhenkoten der Zugänge zur Passage Altstadt-Talferwiesen- Fluss muss das Hundertjährige Hochwasser berücksichtigt werden.  In Düsseldorf und Köln wurden z.B. flexible Hochwasserschutz-Tore installiert.Die Frage der Erdbebensichert wird vor allem mit der zweigeschossigen Stützkonstruktion für den Museumskubus von Bedeutung sein.   Aus ökologischer Sicht ist der Museums-Bau eine Fehlplanung. Die Materialwahl (Stahl)  und das aufwendige  Klimaengineering scheinen keine Rolle zu spielen und treten in den Hintergrund.Dabei scheinen die Rufe nach Nachhaltigkeit, grauer Energie und Klimaschutz nicht einbezogen zu werden.Bei den steigenden Jahresdurchschnittstemperaturen im Sommer muss für die Gebäudekühlung ein über Jahrhunderte andauernder hoher und kostenintensiver Energiebedarf abgedeckt werden ganz abgesehen von den hohen Kosten für die Instandhaltung, welche auf die graue Energie einen erheblichen Einfluss haben . Der vorgeschlagene Stahlbau geht an den Anforderungen des CO2 freien Bauens vorbei. Anstelle eines zeitgemässen klimaneutralen, oder sogar klimapositiven Lowtech-Gebäudes, wird an veralteten Mustern festgehalten. Da helfen auch die 300 Birken nicht. Dass der Baumfilter luftreinigend wirkt, ist reine Illusion. Die mit Abgasen angereicherte schwerere Luft sammelt sich auch durch die Sogwirkung im Passagenbereich an und muss wieder mit aufwendiger Ventilationstechnik entfernt werden.  Die offene Bebauung des vorgeschlagenen Projektes bildet im Gegensatz zum INA Gebäude von 1937 einen Kontrapunkt zur Bebauungsdichte der Bozner Altstadt.   Die städtebaulichen Qualitäten können erst jetzt mit zeitlichem Abstand von über 90 Jahren  vermutlich esser beurteilt werden. Der Abbruch (1981) des Corso-Kinos in der Freiheitsstrasse, an dessen Stelle sich heute die Landesämter befinden, ist beredtes Beispiel für einen unsensiblen Umgang mit dem historischen Baubestand. Das INA – Gebäude am Eingang zur Altstadt, derzeit im Privatbesitz des Investors Tosolini,  bildet den Brückenkopfbereich der Talferbrücke. Ursprünglich war eine symmetrische Bebauung geplant als Antwort auf den Siegesplatz. Die heute bestehende asymmetrische Anlage entschärft die frontale Monumentalität und leitet mit dem gegenüberliegenden bestehenden Sparkassengebäude in die Museumsstrasse über. Das INA-Gebäude, aus welcher Angolatour auch immer betrachtet, ist Teil der Seele der Stadt. Das Ensemble ermöglicht eine gute Lesbarkeit der ganzen Geschichte von Bozen.  Der Bau, obwohl seit Jahren beantragt, ist nie unter Denkmalschutz gestellt worden, er ist aber in der Tentativlist des Kuratoriums enthalten und steht unter Ensembleschutz. Daher soll das INA- Gebäude, da Gefahr in Verzug, provisorisch unter Denkmalschutz gestellt werden. Durch diese klare Vorgabe (neues Bauen im Bestand, Positiv-Beispiel EURAC an der Drususbrücke) wird es den Planern leichter gemacht. Laut dem Städteplaner Marcello Vittorini, der in 1990er Jahren den Bozner Bauleitplan ausgearbeitet hatte, „gibt es in Bozen trotz vieler Umbauten und Abbrüche noch einen qualitätvollen Gebäudebestand aus den Jahren 1930 -1940, der für eine Architektur Zeugnis ablegt, die oft zu Unrecht kritisiert wurde.“ Anstelle der vorgeschlagenen offenen Bebauung soll unter Berücksichtigung der geschlossenen Bebauung der Bestand gehalten und zusätzliche notwendige Baumasse in den bestehenden leeren Innenhöfen untergebracht werden. Die verkehrs- und barrierefreie Unterführung ist eine Aufwertung der Verbindung zwischen Stadtzentrum und den Talferwiesen. Eine gute Lösung die durch die richtige Wahl der Baumart, vielleicht Platanen oder Zedern anstelle der Birken, unterstützt wird. Ein weiterer Vorteil der geschlossenen Bebauung ist auch die akustische Abschirmung des geschützten Hofraumes. Unbeschadet der Standortfrage des Oetzi Museums sollte der Bau auf jeden Fall ökologisch, funktionell und zeitgemäss sein und sich respektvoll und harmonisch- gestalterisch in den Bestand einfügen.

Carlo Trentini – Presidente FAI Alto Adige – Südtiro; Simona Altichieri Kettmaier- Past President - Südtirol; Mirko Frainer – Capodelegazione  FAI Alto Adige – Südtirol; Sabine Di Silvio – Presidente di Italia Nostra Alto Adige; Witti Mitterer – Direttrice del Curatorium per i Beni Tecnici Culturali

Das geplante Ötzi-Museum von Renzo Piano
Das geplante Ötzi-Museum von Renzo Piano