Projekt Bozner Bahnhofsumbau geht in die Schlussrunde. |
28.09.2004 |
Kuratorium für technische Kulturgüter appelliert an die Gemeinde Bozen mit historischer Bausubstanz sensibel umzugehen.
Nach einer ersten Prüfung in der Bozner Baukommission hat die mit dem Bahnhofsumbau befasste Gesellschaft ?Centostazioni? ein Varianteprojekt vorgelegt, das in einigen kritischen Punkten den Einwänden Rechnung trägt. Einiges steht jedoch noch offen. Bereits im Vorfeld sollten zwischen ?Centostazioni? und Gemeinde Bozen noch weitere Details geklärt werden. Das Denkmalamt muss im Rahmen seiner Zuständigkeiten für den Fassadenschutz dem Centostazioni-Projekt die Zustimmung erteilen und hat dies vorerst noch nicht getan. Derzeit sorgt vor allem eine an der Aussenseite geplante neue Überdachung der neuen Eingangsbereiche für Diskussionen. Dem Kuratorium geht es um das historische Gesamtensemble des Bahnhofs. Das Kuratorium appelliert in diesem Sinn an die Südtiroler Verantwortlichen, mit Geschichtsbewusstsein und Sensibilität an den wertvollen Baubestand heranzugehen. Bei einem entsprechenden Auftaktgespräch informierte das Kuratorium daher kürzlich die SVP-Gemeinderatsfraktion über die altösterreichische Vergangenheit des Bozner Bahnhofs, dessen Kernensemble ein Erbe der zweitältesten Eisenbahn Tirols Verona-Bozen von Anno 1859 darstellt. Chef der Ober-Baudirektion in Verona war der spätere Suezkanalprojektant Luigi Negrelli, ein altösterreichischer Trentiner und führender Techniker seiner Zeit. Aus der Ära Negrelli hat sich das mehrstöckige Empfangsgebäude seinem markanten trapezförmigen Grundriss erhalten. An die grossstädtisch anmutende überdachte Ankunftshalle erinnern sich die Wenigsten. Das hingegen bis heute im Kern erhaltene Stationsgebäude der Stunde Null hat den vom Faschismus angeordneten Bahnhofs-Umbau unter der Leitung von Architekt Angiolo Mazzoni (1928) ebenso überlebt wie heftigste Bombardements mit entsprechenden Schäden im Weltkrieg. . Mit den bisherigen Bemühungen um den Bahnhof ist das Kuratorium auf teilweise positives Echo gestossen. Zugesichert wurden u.a. die Öffnung des historischen Haupteingangs mit dem markanten Säulenentree, die Abstimmung der geplanten Behindertenrampe auf ein von Mazzoni besonders geschätztes Architekturdetail, sowie die Erhaltung der Schalterhalle mit den charakteristischen Dekors an Oberlicht-Decke, Schwungtüren und Fahrkartenschaltern. Problematisch erscheinen vor allem die beschränkte Durchlässigkeit des bisherigen Ausgangsbereichs zum jetzigen Taxistand, zugunsten einer Vergrösserung des Barbetriebs, keine spezifische Ausweisung eines Warteraums und fehlende Sitzgelegenheiten für Bahnreisende, die künftig darauf angewiesen sein könnten, in der Bar Platz zu nehmen. Eine Neuvergabe der Bahnhofsgastronomie sollte auch im Geiste des früheren anspruchsvollen Bahnhofsrestaurants auf entsprechende betriebswirtschaftliche Voraussetzungen und Erfordernisse geprüft werden. Ein besonderes Anliegen ist dem Kuratorium, dass Bahnhöfe aufgrund ihrer öffentlichen Funktion und ihrer starken Präsenz im Stadtbild einen entsprechenden Freiraum im urbanen Gefüge behalten müssen. In Bozen ist leider das Gegenteil der Fall. So muss der bisherige Haupteingang derzeit durch eine Kette gegen den starken Durchzugsverkehr geschützt werden. Zudem wurde die Bushaltestelle bereits jetzt an einen der beiden neuen geplanten Eingänge an den Schrägseiten des Haupttrakts verlegt. Durch den neuen, sehr engen Verkehrskreisel und die Wendemanöver der öffentlichen Verkehrsmittel wird der beengte Zustand des Bozner Bahnhofs weiter zugespitzt. Das Kuratorium empfiehlt daher, auch in Rücksprache mit Experten, eine grosszügigere Gestaltung des Fussgängerbereichs und eine Verkehrsberuhigung durch eine intelligente Verkehrsführung.
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