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Grosses Interesse in Wien am Buch Südtiroler Siedlungen in Österreich
09.12.2024
Am Dienstag, den 10. Dezember 2024, lud die ÖGFA in Wien zur Buchpräsentation „Südtiroler Siedlungen – Condominium in mind“ ein. Die Autor*innen Wittfrida Mitterer, Horst Hambrusch, Günther Pallaver und Bruno Maldoner stellten dabei ihre umfassende Publikation vor, die sich mit der Geschichte, Architektur und städtebaulichen Bedeutung der Südtiroler Siedlungen beschäftigt. Moderiert wurde der Abend von Maik Novotny. Die Südtiroler Siedlungen, die zwischen 1939 und 1944 für Umsiedler*innen aus Südtirol errichtet wurden, sind heute vielfach bedroht. Häufig werden Abriss oder Nachverdichtung diskutiert, um zeitgemäßen Wohnstandards gerecht zu werden. Dabei wird die hohe städtebauliche und architektonische Qualität dieser Anlagen oft nicht ausreichend gewürdigt. Änderungen in der Sozialstruktur und ökonomische Interessen verstärken den Druck auf diese Siedlungen, deren Erhaltungsbemühungen meist auf lokaler Ebene verbleiben. Besonders herausfordernd ist die ideologische Aufladung des Themas: Mancherorts wird den Siedlungen eine Nähe zu NS-Architektur unterstellt wodurch ihre städtebaulichen Qualitäten in den Hintergrund treten. Hinzu kommen Wissenslücken und eine mangelnder Diskurs, die den Wert der Siedlungen in historischen, sozialen und künstlerischen Kontexten verdecken. Das Buch „Südtiroler Siedlungen – Condominium in mind“ schließt eine solche wichtige Wissenslücke und dokumentiert diese Bauwerke mit großer Detailtiefe. Es umfasst 1500 historische Pläne, 1000 Fotografien aus der Errichtungszeit, sowie 2400 aktuelle Bildquellen. Diese Fülle an Material ermöglicht einen umfassenden Blick auf die Baugeschichte nd Bedeutung der Siedlungen. Die Publikation geht jedoch über die reine Dokumentation hinaus: Sie regt dazu an, die Siedlungen nicht nur als historisches Erbe zu betrachten, sondern auch ihr Potenzial für modernes Wohnen zu erkennen. Es wird aufgezeigt, wie diese Bauten behutsam saniert und weiterentwickelt werden können, ohne ihren charakteristischen Charme und ihre besonderen Qualitäten zu verlieren. Im Rahmen der Präsentation wurden zentrale Themen erörtert: Die städtebaulichen und sozialen Qualitäten der Siedlungen und deren Bedeutung für die Baukultur. Der Umgang mit Herausforderungen wie Sanierungsbedarf, Nachverdichtungen und ideologischen Vorurteilen. Die Frage, wie das Bewusstsein für den Wert dieser Siedlungen gestärkt werden kann. Die Veranstaltung zog ein vielseitiges Publikum an, darunter Fachleute aus Architektur, Stadtplanung, Denkmalpflege sowie Familienmitglieder der Siedlungsbewohner*innen, und Geschichtsinteressierte. Beeindruckend war die aufwändige wissenschaftlich fundierte Arbeit, der anschauliche Überblick und eine visionäre Perspektive auf die Zukunft der Siedlungen. Die Buchpräsentation war ein gelungener Abend, der die Bedeutung der Südtiroler Siedlungen in einem neuen Licht zeigte. Das Buch „Südtiroler Siedlungen – Condominium in mind“ ist ein wertvoller Beitrag zur Baukultur und regt dazu an, sich intensiver mit dem kulturellen Erbe dieser besonderen Siedlungen auseinanderzusetzen. Es ist nicht nur zentral für eine historische Aufarbeitung der schwierigen Zeit, sondern bietet Impulse für die Weiterentwicklung der Siedlungen als zeitgemäße Wohnmodelle. Die Frage, wie wir in Zukunft mit historischen Bauten aus der Vergangenheit umgehen, wird in Österreich, sowie weltweit immer dringlicher. Projekte wie das Buch leisten Aufklärung und schärfen das Bewusstsein für architektonische und städtebauliche Zeugnisse. Zugleich wird der Diskurs darüber für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich und die Demokratisierung des kulturellen Gesprächs gefördert.