gfi gfi
Parcours:



PILOTMODELL ZUR ERHALTUNG DER BAHNHÖFE
10.12.2003
Bahnhof Branzoll
Bahnhof Branzoll
Kuratorium für Technische Kulturgüter schlägt sich für Pilotmodell zur Erhaltung der Südtiroler Bahnhöfe Die Bahnhöfe in Südtirol sind keineswegs von regionaler Bedeutung, sondern ein Markenzeichen im zusammenwachsenden Europa. Die Grundidee stützt sich darauf, die Identifikation des Bahnhofs mit einfachen Mitteln möglichst kompakt zu erhalten und diesen dabei nicht seiner Zeugnisse der Alltagskultur zu berauben Die insgesamt 58 Bahnhöfe der Strecken Brenner-Bozen / Franzensfeste-Innichen / Bozen-Salurn / Bozen-Meran und Meran-Mals stellen ein einzigartiges Ensemble technischer Bauwerke von europäischem Rang dar, für deren Erhalt Südtirol verantwortlich ist. Das Kuratorium setzt sich daher für ein Erhaltungskonzept ein, das diesem einmaligen Baubestand als Ensemble besondere Rechnung trägt. Aktueller Anlass ist die von der Landesregierung beim Landesdenkmalamt angeforderte zusätzliche Begründung betreffend die vom Denkmalamt vorgeschlagene umfassende Unterschutzstellung dieses einmaligen Baubestands. Neue Wege zur Erhaltung dieser technischen Kleinodien wurden und werden im Vinschgau in Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, Denkmalamt und Kuratorium bereits angestrebt und erprobt. Anlass dazu war die von der Landesregierung nach anfänglichem Zögern dann doch genehmigte, relativ umfassende Unterschutzstellung interessanter Vinschgauer Bahnhofsstrukturen. Dass dabei auch neue Wege der Bahnhofsnutzungen gesucht werden müssen, liegt auf der Hand, denn die Ära der sogenannten unbemannten Bahnhöfe (technische Automatisierung mit Stillegung von Fahrdienstleitungen und gewohnter Serviceeinrichtungen) hat keineswegs nur in Südtirol neue Fakten geschafft. Daher hat das Kuratorium in einer eigenen Studie bereits erste Vorschläge unterbreitet, wie die bauliche Ausstrahlung der Bahnhöfe erhalten bleiben sollte und diese als technische Monumente und Kleindenkmäler in neuem gesellschaftlichen Kontext des Verkehrs- und Kommunikationszentrums Bahnhof verständlich und attraktiv gemacht werden könnten. Südtiroler Pilotprojekt Die Grundidee stützt sich darauf, die Identifikation des Bahnhofs mit einfachen Mitteln möglichst kompakt zu erhalten und diesen dabei nicht seiner Zeugnisse der Alltagskultur zu berauben. Das Kuratorium schlägt daher vor, typische Elemente wie aufgelassene Fahrkartenschalter und Gepäcksaufbewahrungen, aber auch andere Erinnerungsstücke wie Fahrpläne oder Stellwerke z. B. durch Einziehen von vandalensicheren Glaswänden zu sichern und anhand von interaktiven Infos in Verbindung mit dem virtuellen Technikmuseum zu erklären und zu vernetzen. Solche Schaubereiche sollten in den weiterhin öffentlich bleibenden Fahrgasträumen eingerichtet werden, etwa in Eingangshallen, Wartesälen, bestehenden Bars, neuen Pubs. Auf diese Weise könnte der gesamte einmalige historische Bahnhofsbestand einen sinnvoll und sensibel auf das jeweilige Bauwerk lokal abgestimmten Schutz erhalten, betont von den baulichen Juwelen Franzensfeste, Bozen, Meran, und Toblach sowie jene in der Erhebung des Kuratoriums aufgelisteten. Warum besonderer Schutz? 1825 fuhr die erste Eisenbahn (Stevenson) in Großbritannien. Bereits 1835 wurde die erste deutsche Eisenbahnstrecke zwischen Nürnberg und Fürth eingeweiht und schon 1838 wurde die erste österreichische Bahnstrecke mit Dampfbetrieb von Florisdorf bei Wien nach Deutsch-Wagram eröffnet. Acht Jahre später wird eine Gesellschaft gegründet, die sich für den Bau einer Eisenbahnstrecke längs der Linie Venedig-Bassano-Trient-Brenner einsetzen soll. Bereits 1854 beginnen dazu die Arbeiten für die Strecke Verona-Bozen, 1858 wird die Strecke München-Innsbruck in Betrieb genommen und in der Rekordzeit von nur drei Jahren wird zwischen 1864 und 1867 die Brennerbahn zwischen Innsbruck und Bozen gebaut, 1871 gefolgt von der Strecke durch das Pustertal. Zehn Jahre später entsteht die Verbindung Bozen-Meran und 1906 wird schließlich die Linie Meran-Mals durch den Vinschgau eröffnet. Damit ist Südtirol ? bislang im Schatten der Prosperität des beginnenden Industriezeitalters ? an die damaligen Hauptverbindungen in Europa angeschlossen und kann am wirtschaftlichen Aufschwung teilnehmen: Der Entwicklung des Obst- und Weinbaus im Unterland und im Vinschgau, dem Export von Porphyr in die gesamte K.u.k.-Monarchie und vor allem dem einsetzenden Tourismus kommen die Verkehrsverbindungen durch die Eisenbahn zugute und fördern einen Aufschwung, auf dem unser heutiger Wohlstand beruht. Erstmals in der Geschichte des Eisenbahnbaus wurden auf den genannten Strecken Architekten mit der Errichtung der Bahnhöfe betraut, die in Anbetracht der kurzen Bauzeiten und der geforderten Wirtschaftlichkeit und Funktionalität Typenbauweisen entwickelten, die je nach Bedeutung der Stationen in der gleichen Formensprache modifiziert eingesetzt wurden. Die Bauweise dieser Bahnhöfe - vor allem entlang der Brennerstrecke und im Pustertal ? war neben ihrer architektonischen Qualität so nachhaltig, dass diese Bauten bis in unsere Zeit nicht nur nahezu vollständig erhalten, sondern auch in gutem Zustand sind und Zeugnis eines außergewöhnlichen Gestaltungswillens einer neuen Zeit der Technik geben. Die Bahnhöfe in Südtirol sind keineswegs von regionaler Bedeutung, sondern einmalig im zusammenwachsenden Europa. Das verpflichtet!!! Das Kuratorium für technische Kulturgüter ersucht daher die Landesregierung, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen.