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Parcours:



Kulturevent Brenner - Lebendige Rastatte?
12.10.2005
Inhalt
Lebendige Rastatte?
Museumsideen
Kunstevents
Programm
Kino am Brenner
Zollhauser und Grenzareale
Am Bahnhof
Zeitzeugen berichten
Presseecho
Weitersurfen

Was die Presse schrieb

Wochenzeitschrift FF - Nr. 36 - 2002 von Georg Mair

Es gilt, dem Landeshauptmann in den Arm zu fallen. Denn der Landeshauptmann will abreißen lassen. Der Bürgermeister vom Brenner auch. Wenn es schon keine Grenze mehr gibt, so soll auch nichts mehr an sie erinnern. Schon gar nicht das Gebäude des Zoll oder der Polizei. Lokomotiven, Kontrollstationen, Kammern der Staats-macht sind Dinge, die nicht un-bedingt schön sind, aber dafür Geschichte(n) erzählen. Das „Kuratorium für technische Kulturgüter“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf diese Dinge aufzupassen. Der Kunstverein „Lurx“ hat am Brenner Kunst im Sinn, das österreichische Zollhaus soll gar für Veranstaltungen dienen. Wenn man diese Dinge, diese Gebäude so einfach vernichtet, entsteht eine Leere im Kopf und im Raum. Am Grenzübergang am Brenner beispielsweise, wo heute die Autos kaum mehr verlangsamen, würde eine freie Fläche im Wind entstehen. Das wäre dann der Platz für die „lebende Grenze“, die der Landeshauptmann im Kopf hat und die vor allen den Geschäften dienten, die früher einmal die größten waren. „Heute“, so heißt es, „müssen die Geschäftsleute sich schon auf die Füße stellen.“

Grenze im Gerede. Am vergangenen Wochenende war der Brenner fast wie früher. Weil auf der Autobahn sich der Verkehr staute, nahmen die Reisenden die Bundesstraße, die Parkplätze waren voll. Und bedienten sich am Obststand und in den Gasthäusern, von denen man keine Versorgung mit kulinarischen Köstlichkeiten erwarten kann.
Jedenfalls ist es so, dass der Brenner wieder im Gerede ist und das ist nicht zuletzt ein Verdienst der Kunst. Am vergangenen Wochenende bearbeiteten Künstler und ein paar Menschen, die sich für solche Orte begeistern, die Grenze. Matthias Schönweger aktionierte alternativ-patrio-tisch, Franz Wassermann stellte sein Projekt „Schubhaft“ vor, mit dem auf das Los von Exilanten aufmerksam gemacht wurde.
Ins italienische Zollhaus hatten ein paar Künstler (Armin Mutschlechner, Luis Seiwald, Robert Engl, Karl Volgger, Jo-hannes Stötter,...) ihre Werke hineingestellt, ohne auf den Ort zu achten.
Der Münchner Valentin Goderbauer bewältigte den Brenner privat, aber im Dialog mit dem Raum. In seiner Installation mit drei Heizkörpern und drei Handtüchern versinnbildlicht der Brenner den ersten Halt, wenn man von München aus nach Italien fährt, durch Tirol fährt man durch, so schnell es geht.
Am Samstagabend fuhr dann auch noch der Dichter Toni Bernhart zu den Klängen von Dirk Schwibbert durch die Berge. „Gott fährt in einem Auto mit Schweizer Kennzeichen über die Alpenpässe.“ Eine Performance, die listig (Kunst)Grenzen aufhob und sich vor schnellen Antworten hütete.
Das italienische Zollgebäude am Brenner ist ein verlotterter Ort, und der „Fungo“, in dem sich die Polizisten und Zollbeamten wärmten, ist der richtige Ort für Kunstausstellungen. Im oberen Stockwerk des italienischen Zollgebäudes liegen alte Matratzen, stehen Kühlschranke offen, Tapeten wellen sich von den Wänden und unter dem Teppichboden zeigt sich der Est-rich. Im Dachgeschoss hatten die Zöllner sogar einen Schießstand. Davon gibt es keine Spur mehr, es scheint, als hätten die Menschen hastig diesen Ort verlassen.

Verlotterte Orte. Dabei ist das Zollgebäude ein Ort, über dem heute noch der Angstschweiß liegt.
Gewöhnliche Menschen mussten sich darin ducken. In die oberen Stockwerke führt eine schmale Tür. Durch die gelangte, wer oben wohnte. Manch einer erinnert sich heute noch zornig daran, wie er vor den Zöllnern Schlange stand. Ein älterer Mann sagt: „Lasst mich schnell hinein, ich will noch einmal meine Kammer sehen.“ Ein anderer erinnert sich an die Verdammungen, die in diesem Gebäude ausgestoßen No. 36 / 5. September 2002 wurden: „Wenn all die Flüche in Erfüllung gegangen wären, würde heute in Südtirol „Ein Tirol“ regieren.“ Man kann sich schon vorstellen, wie der eine gefilzt und der andere durchgewinkt wurde. Auf der österreichischen Seite achteten die Zollbeamten auf die Figur der Frauen. „Sie kamen meistens schlank an und gingen mollig wieder heim“, sagt ein ehemaliger Grenzer, der sieben Jahre mit seiner Familie am Pass oben wohnte und „sieben Jahre lang kein Fenster aufmachen konnte“.
Die Innsbrucker kamen, als es die Grenze noch gab, zum Einkaufen auf die italienische Seite und wollten halt nicht alles verzollen. Die Grenzer gin-gen in der Mittagspause hinüber und spionierten den Kunden nach: „Wir wussten somit, wer eine neue Lederjacke gekauft hat.“ Die Geschichte ist eine Anekdote. Die Zeitzeugen erzählen lieber lustige Dinge von Schmugglern. Und auch, wenn es jemand gern hätte, hat keiner auf den Hitler und den Mussolini am Brenner aufgepasst. Seitdem es die Grenze am Brenner nicht mehr gibt und dort nur mehr illegale Ausländer angehalten werden, gedenkt man dauernd der Grenze. So, als wäre mit dem Verlust der Grenze auch das Verbindende zwischen Nord- und Südtirol verloren gegangen. Oder wie Kollege Florian Kronbichler es formulierte: „Jetzt gibt es nichts mehr, was Tirol verbindet.“
Georg Mair
Wochenzeitschrift FF FF No. 36 / 5. September 2002
ff: Wie haben Sie sich mit dem Thema der Kulturtage „Kultur ohne Grenzen“ auseinander gesetzt?
Armin Mutschlechner: Luis Seiwald und ich haben eine Arbeit mit dem Titel „Grenzenlous‘n“ präsentiert: Eine Fotoarbeit, wo zwei Menschen den Kopf auf die Schienen legen.

Sie fanden nicht nur lobende Worte…
Es war so viel Politprominenz anwesend, dass die Stimme kursierte, dass das Kuratorium für die nächsten Landtagswahlen anwesend sei.

Und die künstlerische Qualität?
Eher schwach. Nicht alle Mitglieder des Vereins Lurx, der das Event organisierte, haben sich mit dem Thema de Grenze auseinander gesetzt. Im Gegenteil, manche haben die Veranstaltung für eine Ausstellung genutzt und sich noch aufgeregt, dass sie die hässlichsten Räume bekommen haben.

Bilder, die also mit dem Thema nichts zu tun hatten?
Diese Bilder könnte man an jedem beliebigen Ort der Welt aufhängen. Die Qualität der Bilder tut dabei nichts zur Sache, es hat mich nur geärgert, dass sich einige überhaupt keine Mühe gegeben haben. Das war so gesehen ein billiger Weihnachtsbazar. Jeder Hobbymalverein macht eine bessere Ausstellung.

Alles misslungen also?
Doch, gelungen war es schon. Ich habe mich nur ein wenig geärgert. Und bei der Diskussion im Verein Lurx wurde ebenfalls festgestellt, dass einiges ein bisschen schiefge-laufen ist. a

GRENZE / Kultur - (02.09.2002 -- Dolomiten)

"Den Brenner auf den Kopf gestellt"
Viel Politprominenz bei "Kultur ohne Grenzen" - Nur wenige Besucher

Brenner (ge) - Was das "Multimediale Kulturereignis" am Brenner vergangenes Wochenende darbot, wäre vor Schengen wohl nicht denkbar gewesen: In jenen Zollhausräumen, wo reisende Bürger oft scharfen Kontrollen unterzogen wurden, stellten nun internationale Künstler ihre Kunstwerke aus.
Bei der Eröffnung der Brenner-Kulturtage am Samstag sah man viel Politprominenz, jedoch wenig Volk. Gekommen waren Regierungskommissär Giustino di Santo, der Tiroler Landeshauptmannstellvertreter Ferdinand Eberle, die Landesräte Bruno Hosp und Michl Laimer, die Landtagsabgeordneten Martha Stocker und Walter Baumgartner. Landeshauptmann Wendelin Weingartner und Landesrat Luigi Cigolla gaben Grüße.

Die Bürgermeister von Brenner und Gries am Brenner, Christian Egartner und Willi Schöpfer, freuten sich über dieses "Kulturevent". Landeshauptmannstellvertreter Eberle und Bruno Hosp erinnerten an unliebsame Kontrollen, die ihnen die Durchreise am Brenner erschwerten. Landesrat Laimer erinnerte an das Interreg-Programm "Technische Kulturmeile Nord-Süd".

Dann führte Heinrich Schwazer in die Kunstinstallationen in den ehemaligen Zollhäusern ein. Die Kunst ermögliche "live" die dramatischen Änderungen am Brenner zu erleben, der Grenzort dürfe nicht nur Konsumtempel, sondern auch offen für andere Ideen sein.

Am Nachmittag berichteten in einem Zollhaus-Unterdachraum Zeitzeugen über das Geschäftsleben am Brenner in den vergangenen Jahren, während der Eisenbahnfreizeitverein in das Bahnhofsgeschehen Einblick gewährte. Beim Freilicht-Kino stellte Durnwalder seine Ideen über die Zukunft des Brenners vor (siehe auch Bericht auf Seite 10). Am Sonntag führte Gemeindechronist Günther Ennemoser Interessierte durch die wechselvolle Brenner-Geschichte, wobei historische Schauplätze aufgesucht wurden.

"Mit allen Mitteln zu bekämpfen"
Durnwalder gegen Autobahn-Raststätte auf Nordtiroler Seite - "Wäre Tod der Dörfer" Bozen (lu) - Schon 2003 könnte laut Landeshauptmann Luis Durnwalder mit den Arbeiten zur Umgestaltung des Brennerpasses begonnen werden. Pläne der österreichischen Autobahngesellschaft Asfinag, auf Nordtiroler Seite nahe dem Brenner eine Autobahnraststätte zu errichten, "möchten wir mit allen Mitteln bekämpfen. Denn das wäre der Tod aller Ortschaften am Brenner", betont Luis Durnwalder.
Die Machbarkeitsstudien zur Brenner-Umgestaltung auf Südtiroler und Nordtiroler Seite seien ausgearbeitet. "Die Einigung mit der Brennerautobahn-Gesellschaft zur Errichtung zweier Ausfahrten am Brenner bereits unter Dach und Fach. Es wird dabei auch ins Auge gefasst, dass die Ausfahrten breit genug für Busse sind", erklärt Durnwalder. Die Zukunft des Brennerpasses kam am Wochenende auch bei den Kulturtagen am Brenner zur Sprache (siehe Bericht S. 13).

Längs der Autobahn am Brenner sollen nur eine kleine Bar, Toiletten und ein Informationsstand Platz finden. Zudem ist die Aufstellung der Plessi-Dreiecke, die Blickfang bei der Weltausstellung in Hannover waren, am Platz, wo sich derzeit das Restaurant befindet, bereits beschlossen.

Und es scheint, als hätten die Pläne der Asfinag, auf Nordtiroler Seite des Brenner längs der Autobahn eine große Raststätte zu bauen, die Umstrukturierungsvorhaben beschleunigt. "Auch die Nordtiroler Gemeinden nahe dem Brenner sind gegen dieses Vorhaben. Bisher habe ich nur gehört, dass Ferdinand Eberle für dieses Raststätten-Projekt wäre. Würde dieser Plan verwirklicht, gingen die Dörfer am Brenner kaputt. Das wäre der Ruin, nicht nur für den Brenner, sondern auch für Gries am Brenner. Ich habe mich in dieser Angelegenheit bereits mit Wendelin Weingartner abgesprochen", so Durnwalder.

Brenner-Dorf soll demnach zu einer lebenden Raststätte werden. Das Umstrukturierungsprojekt wird zwischen 20 und 30 Mio. Euro kosten. Geplant seien u. a. ein großer Kinderspielplatz, ein kleines Brennerpass-Museum.

Der nächste Schritt, der dieser Tage gesetzt wird, sind die Verhandlungen mit dem Staat, der Finanzwache, der Polizei usw. wegen der vielen leerstehenden Gebäude und Kasernen. "Diese verlotterten Gebäude, die nicht mehr gebraucht werden, sollen abgebrochen werden", erklärt Durnwalder, der das Fortkommen des Brenner-Projektes auch von der Zügigkeit der Verhandlungen abhängig macht. "Notfalls müssen wir den Abbruch verfügen", so Durnwalder. Als 1998 die Schlagbäume am Brenner entfernt wurden, hatte er betont, dass in zehn Jahren die Ortschaft Brenner umstrukturiert sein wird. "Das werden wir einhalten", so Durnwalder.
Kaufleuteverband: 04.09.2002 - Stellungnahme

Für "natürliches Einkaufen"
Unterstützung für Projekt "Raststätte Brenner" Bozen - Der Verband für Kaufleute und Dienstleister begrüßt das Vorhaben des Landes, das Projekt "Lebende Raststätte Brenner" durchzuführen, damit - wie Landeshauptmann Durnwalder meinte - "die Dörfer am Brenner nicht kaputt gehen". Laut Aussendung wolle der Verband "Revitalisierungsprojekte" dieser Art jederzeit unterstützen.
Das Vorhaben der Landesregierung bestärke den von Südtirol eingeschlagenen Weg, den Einzelhandel in den Ortszentren zu fördern und zu unterstützen. Für den Verband für Kaufleute und Dienstleister sei die Aufwertung des ehemaligen Grenzortes ein wichtiges Anliegen, wobei die "Revitalisierungsprojekte" die vollste Unterstützung erhalten werden. Die Kaufleute und Dienstleister vor Ort wollen ihren Beitrag dazu leisten und die Umsetzung aktiv mitgestalten.

Der Verband spricht sich dafür aus, am Brenner unter anderem einen Informationsschalter in Kombination mit dem Angebot Südtiroler Markenprodukte einzurichten. Durch die Realisierung der Autobahn-Ausfahrt würden der bestehende Ortskern und die Strukturen unterstützt. So kann dort ein natürliches Einkaufszentrum entstehen, betont der Verband für Kaufleute und Dienstleister.

NORDTIROL / Projekt (1) - (06.09.2002)

Brenner-Raststätte vor Realisierung Nordtirol: Projekt für Zollamtsplatz schon in Umsetzungsphase - Bank, Kiosk, Restaurant
Innsbruck (bl/hof) - Auf Nordtiroler Seite des Brenners soll eine Raststätte errichtet werden - sehr zum Ärger von Landeshauptmann Luis Durnwalder. Das Projekt ist aber bereits in der Umsetzungsphase. Mit den ersten Bauarbeiten soll bereits 2003 begonnen werden. "Unser Hauptanliegen ist, dass am Brenner genaue Kontrollen erfolgen", versucht Nordtirols Landeshauptmann Wendelin Weingartner die Wogen zu glätten.
Zur Erinnerung: Landeshauptmann Luis Durnwalder hatte sich in den "Dolomiten" strikt gegen eine Autobahn-Raststätte auf Nordtiroler Seite ausgesprochen (siehe auch untenstehenden Bericht). Nun wird aber doch ein umfassenderes Projekt verwirklicht, wie von Seiten der Alpenstraßen AG bestätigt wird.

Im Einvernehmen mit dem Bundesland Tirol und dem österreichischen Straßenbetreiber Asfinag wurden verschiedene Varianten für eine Nachnutzung des Zollamtsplatzes auf Nordtiroler Seite der Brennerautobahn geprüft. Variante "1b" wird nun realisiert, präzisiert der Techniker und Abteilungsleiter bei der Alpenstraßen AG in Innsbruck, Martin Kirchmair.

Wichtigstes Projekt dieser Variante ist eine ständige moderne Verwiegemöglichkeit für die Lkw, die von Südtirol nach Nordtirol einreisen. "Hier brauchen wir auch einen entsprechenden Stauraum, damit es keinen Rückstau bis in den Grenztunnel gibt", ergänzt Kirchmair. Nach der Verwiegung wird eine Parkfläche für jene Lkw benötigt, die von der Exekutive wegen zu hoher Beladung bzw. bei zugleich festgestellten technischen Mängeln herausgeholt werden.

Weiters wird ein "kommerzieller Teil" geschaffen. Errichtet wird eine Tankstelle mit zwei Lkw- und vier Pkw-Zapfsäulen und ein Tankstellen-Shop. Hinzu kommen Parkplätze, ein Kiosk, eine Bankstelle, ein Infoschalter und ein Restaurant samt Toilettenanlagen. "Das ist ein Konzept, wie es in Österreich bei größeren Parkplätzen mit Tankstellen üblich ist", meint Kirchmair. Vorgesehen ist auch eine direkte Fußgängerüberquerung der Autobahn. Für jene Lkw, die Richtung Süden fahren, wird es bis zum 1. Jänner 2004 eine weitere Kontrollstelle geben. Um das bis dahin eingeführte Lkw-RoadPricing überprüfen zu können, wird es vor dem Grenzübertritt nach Italien eine elektronische Mautkontrolle geben.

Zum Ablaufplan: "Wir gehen jetzt in die detaillierte Planungsphase über und erstellen einen Ausschreibungsplan", sagt Kirchmair. Mit den Bauarbeiten wird im Jahr 2003 begonnen. Rund sieben Millionen Euro sind für das Projekt veranschlagt, das phasenweise bis 2004 realisiert werden soll.
NORDTIROL / Projekt (2) - (06.02.2002)

"Innsbruck kann es noch verhindern"
Durnwalder: Werde mit Weingartner darüber reden - "Raststätte wäre Ruin für Dörfer"

Bozen/Innsbruck (hof) - "Nach meiner Auffassung kann der Bau der Raststätte verhindert werden - wenn Innsbruck es wirklich will", ist Landeshauptmann Durnwalder überzeugt. Das Land Tirol könne das Projekt noch immer zurückziehen. Er werde deshalb mit dem Nordtiroler Landeshauptmann Wendelin Weingartner noch einmal darüber reden.
Landeshauptmann Luis Durnwalder (im Bild) weiß, dass die Pläne zur Realisierung der Raststätte bereits weit gediehen sind. Trotzdem wird er sich weiterhin vehement gegen das Projekt stemmen. "Es würde den Tod des Brenners bedeuten - auf beiden Seiten", ist Durnwalder überzeugt. Niemand würde mehr ausfahren und in den Dörfern einkehren, wenn es bereits an der Autobahn eine Raststätte gibt, wo man in Gastlokalen, Restaurants und in einem Einkaufsbereich alles bekommt.

Auch habe es keinen Sinn, auf der einen Seite im Rahmen des Interreg-Programmes Geld auszugeben für die Valorisierung des Brenners, und auf der anderen Seite ein Raststätten-Projekt zu verwirklichen. Durnwalder erinnert weiters daran, dass es auch auf Nordtiroler Seite Gegner des Projektes gibt - zum Beispiel die Gemeinde Gries am Brenner.
Neue Südtiroler Tageszeitung
Fr 30.8.2002 Nr. 173

Brenner, Kultur ohne Grenzen

Ein Gespenst geht um in den grenzenlosen Köpfen: der Brenner. Er geistert durch Konzeptpapiere von Politikern und erscheint unversehens in Plänen von Strukturplanern. Doch was tun mit einem Ort, der auf dem Müll der Geschichte gelandet ist? Um diese Frage kreist die dreitägige Veranstaltung "Brenner, Kultur ohne Grenzen". Zeitzeugen, Künstler und Historiker werden die Geschichte des Brenner in einem vom Kuratorium für Technische Kulturgüter und dem Kulturverein Lurx organisierten, multimedialen Event noch einmal Revue passieren lassen.

Von Heinrich Schwazer

Gründe für Nostalgie gäbe es zuhauf. Der kleine Grenzverkehr an der "Unrechtsgrenze" - die Südtiroler kauften drüben Bananen und Benzin, die Tiroler deckten sich hüben mit Pirellipatschen, Mortadella und Kalterersee Spezial ein - hat den Wohlstand des Wipptals auf beiden Seiten jahrzehntelang gesichert. Damals erforderte der Kick, ungefilzt über den Brenner zu kommen, eine bestimmte Intelligenz der Anpassung an die Beamtenmentalität, jetzt genügt eine gewisse Vorsicht vor der Radarfalle. Heute über den Brenner zu fahren ist wie über die eigene Schulter durch die Scheibe einer zugeschlagenen Tür zurückzuschauen. Seit Italien und Österreich am 31. März 1998 mit dem Inkrafttreten des Schengen-Abkommens die Grenzkontrollen am Brenner aufgehoben haben, ist der einst gefühlskontaminierte Ort in einem Jenseits der Leidenschaften beheimatet. Die Zollhäuser und die Polizei-Amtsräume rund um den Schlagbaum sind seitdem verwaist. Seine politische Symbolkraft und auch einen Großteil seiner wirtschaftlichen Bedeutung hat der Brenner völlig eingebüßt. Nach Abzug der "Grenzer" lebt in der Ortschaft nur noch eine Handvoll Menschen. Trotz der optimistischen Aufrufe nach dem Fall der Schlagbäume - "jetzt wächst zusammen, was zusammengehört" - leben die Menschen weiterhin ganz heimisch auf der einen oder anderen Seite. Und noch immer ist es hier weniger als anderswo ein Problem, von außerhalb zu kommen, ein Zugezogener zu sein, ein Fremder. Das waren hier irgendwann die meisten selbst. Die Aufhebung der Grenze schafft die Grundlage für eine neue Konzentration auf diesen Ort, und einmal mehr wirken Künstler als Vorhut. Der Geschichts-Müll wird zum Rohstoff der Kunst, aus dem Weggeworfenen wird Neues und Eigenes. Nicht aus nostalgischen Gründen, nicht als Klage über einen Verlust, sondern als Ausdruck künstlerischer Ortsergreifung, in dem auch die Wiederkehr des Entsorgten mitgedacht ist. Mit Blick auf den bevorstehenden Fall der EU-Ostgrenzen, der weitere Schlagbäume überflüssig machen wird, lassen Künstler, Zeitzeugen und Historiker den Brenner mit seinen Zollhäusern, seinen Polizeistationen und seinem Grenzbahnhof am Wochenende vom 30. August bis zum 1. September 2002 noch einmal aufleben.

Geboten werden Kunstaktionen, Führungen, Zeitzeugenberichte, historische Filmeinspielungen, Musik, Information und Unterhaltung. Veranstalter des grenzübergreifenden multimedialen Kultur-Events, das zur Aufwertung der Brennerregion beitragen will, sind das Kuratorium für technische Kulturgüter (Bozen), die Gruppe "Lurx - Verein für Kunst und Kultur am Brenner" und die Gemeinde Brenner Gossensaß in Zusammenarbeit mit anderen ehrenamtlichen Kultureinrichtungen und öffentlichen Institutionen. In ihrer kulturellen Intention knüpft die Veranstaltung an das Interreg-Projekt "Technische Kulturmeile Nord/Süd" an, für das am Brenner der offizielle Startschuss fallen wird. Ein weiteres Interreg-Projekt sieht die Schaffung eines musealen Ortes im ehemaligen österreichischen Zollhaus unter dem Motto "Tirol und Südtirol unter einem Dach" vor.

Das Programm

Kunst und Künstler an der ehemaligen Grenze
"Schubhaft" nennt sich das Kunstprojekt des Tirolers Franz Wassermann in den einstigen Amtsräumen der italienischen Staatspolizei mit Blickkontakt zum österreichischen Zollhaus. Die dort ausgestellten Terrografien von Ekkeland Götze aus München sind mit Erde aus dem Norden und dem Süden gearbeitet. Valentin Goderbauer, München, hat sich für seine Installation "Was bleibt, ist die Erinnerung" die Grenzabfertigungskabine ausgesucht, wo noch heute anlässlich außerordentlicher Ereignisse wie dem G8-Gipfel Personalausweise und Pässe kontrolliert werden. Der Südtiroler Aktionskünstler Matthias Schönweger hinterfragt die Symbolik der Grenzen in seiner Arbeit "Der Stoff, aus dem die Fahnen sind". Die Gruppe "Lurx - Verein für Kunst und Kultur am Brenner" stellt sich mit einer Gruppenausstellung vor. Bei der akustischen Performance "Sadobre" im ehemaligen österreichischen Zollhaus fließen der Live-Vortrag eines Textes und vorproduzierte Einspielungen ineinander. Autor ist der aus Südtirol stammende und in Berlin lebende Toni Bernhart. Die verschiedenen Inputs überlagern sich bei diesem Experiment mehrfach, die Ton- und Klangregie liegt bei Dirk Schwibbert aus Berlin. Unter dem Titel "scalini 84 Stufen" laden der Südtiroler Peter Kaser (der auch das Plakat des Kulturevents entworfen hat) und Hans Winkler aus Berlin an einen Kunstort rund um einen Wasserfall und eine ehemalige Bunkeranlage. Hier ist außerdem eine literarische Installation von Kurt Lanthaler (2001) zu sehen. Der Meraner Franz Pichler eröffnet am 21. September um 16.00 Uhr im Rahmen von "scalini 84 stufen" eine Installation unter dem Titel "anschluss-coincidenza". Grenz/Erfahrungen, eine filmische Zeitreise Filmclub Bozen und Cinematograph Innsbruck führen die Geschichte des Grenzüberganges in Filmdokumenten vor, darunter historische Wochenschauaufnahmen vom Treffen Hitler-Mussolini am 18. März 1940. Projiziert wird auf die Fassade der italienischen Polizeikaserne.

Alltagsgeschichte: Grenzer erinnern sich Ehemalige italienische und österreichische Zollbeamte, Grenzpolizisten und Eisenbahner erzählen von ihrem Dienst am Brenner. Das verlassene italienische Zollhaus, das einem Auffangparkplatz weichen soll, bietet ein eindrucksvolles Ambiente für diese Zeitzeugenberichte. Wie sich der Alltag am Grenzbahnhof abspielt, führt der italienische Eisenbahner-Freizeitverein bei einem Schnuppertag vor. Außerdem können die Besucher den am Brenner immer noch obligaten Lokwechsel miterleben.

"Brennerwürstel" und "pasta e fasoi"
Der Halt beim Würstelstand ist für Brenner-Liebhaber genauso selbstverständlich wie ein Teller pasta und ein Glas Wein, bevor die Reise weitergeht. Die Wirte und Kaufleute vom Brenner servieren ihre Spezialitäten zum Selbstkostenpreis. Organisiert wird dieses ganztägige Buffet vom italienischen Alpenverein CAI.

Musik
Ein Open Air an der ehemaligen Staatsgrenze bildet am Freitag, 30. August, ab 18.00 Uhr den Auftakt zum Brenner-Event. Live-Musik, Unterhaltung und künstlerische Einlagen werden von der Sterzinger Gruppe Juvenilia geboten. Tags darauf laden Alex Trebo und Bruno Zucchermaglio zu einem Musikprojekt ein, das ebenfalls um das Thema Grenze kreist.

Führung auf den Spuren des historischen Brenner-Tourismus
Die Veranstaltung endet am Sonntag, 1. September, mit einer Tour auf den Spuren des historischen Panorama- und Badetourismus am Brenner. Die Ausblicke dieses "Tores zum Süden" erlebt man entlang der inzwischen
stillgelegten Eisenbahnstrecke von anno 1867. Der Lokalhistoriker Günther Ennemoser leitet diese Führung mit abschließendem Besuch von typischen Brenner-Gasthäusern im Hinterland der Grenze.

Familientipp
31.8.02, ab 15.00 Uhr, Schnuppertag am Bahnhof Brenner, angeboten vom Eisenbahnerfreizeitverein/Dopolavoro ferroviario zum Kennenlernen des Alltags am österreichisch-italienischen Grenzbahnhof auf über 1.300 Seehöhe,
u.a. mit: Blick in die Fahrdienstleitung, Besuch im Stellwerks-Turm, Lokwechsel, der wegen des unterschiedlichen Stromsystems Österreich/Italien noch immer obligat ist, Demonstrationsfahrt einer Verschublok ... Geführt wird in Gruppen von 15.00 bis 20.00 Uhr, Eltern haften für ihre Kinder.
Auskünfte: Eisenbahnerfreizeitverein/Dopolavoro ferroviario, Präsident Rudi Plank

Brennergrenze (Computerprint von Peter Kaser): Der einst gefühlskontaminierte Ort ist heute in einem Jenseits der Leidenschaften beheimatet
Neue Südtiroler Tageszeitung
Dienstag, 3. September 2002 - Nr. 175/10. Jg.

Am Brennerstrand
Bröckelnde Fassaden, Schmugglervergangenheiten und Plastiksoldatenmassaker: Zum Wochenende trafen
sich am Brenner Politiker und Künstler um über die Zukunft des Ortes nachzudenken.

Von Heinrich Schwazer

Kunst kann sich nur zwecklos nützlich machen und meist ist auf sie kein Verlaß. Während die zahlreich eingetroffenen Politiker am Brenner zwischen bröckelnden Fassaden noch über die Segnungen der aufgehobenen Schlagbäume und ihre eigene Schmugglervergangenheit schwadronierten, laborierte ein paar Meter weiter der Meraner Künstler Matthias Schönweger schon eifrig an der Demontage der Sonntagsreden. Im Schatten des "Fungo" leerte er seinen Rucksack mit Tirolensien, Peitschen und einen Haufen Kriegsspielzeug aus Plastik aus. Rund um seinen Russenflohmarkt baute er kleine Elektrokocher auf, legte sich einen Messmantel um und segnete seine Soldaten mit reichlich Weihrauch. Danach verheizte er sie buchstäblich und unter grauenhaftem Gestank und ebenso süßen Heimatklängen von einem 60er-Jahre-Grammophon auf den heißen Herdplatten. Schönwegers Plastiksoldaten-massaker beim vom Kuratorium für Technische Kulturgüter und dem Wipptaler Kunst- und Kulturvereins Lurx organisierten Brennerevent "Brenner, Kultur ohne Grenzen" vom vergangenen Wochenende war
nicht der einzige künstlerische Kontrapunkt zu der seit dem Schengen-Abkommen gebetsmühlenhaft behaupteten Grenzenlosigkeit Europas. Auch der Tiroler Künstler Franz Wassermann entlarvte mit seiner Installation "Schubhaft" das zur Festung umgebaute grenzenlose Europa. Mit notdürftigen Zelten, Plakaten und toppschildern errichtete Wassermann, der seit 2001 öffentliche Orte in Österreich für Menschen in Schubhaft besetzt, in einem Zubau zu den Amtsräumen der italienischen Staatspolizei mit Blickkontakt zum österreichischen Zollhaus, einen symbolischen Schutzraum vor Verfolgung, Vertreibung, Vergewaltigung, Mord oder wirtschaftlicher Ausweglosigkeit. Ironischer ging es Valentin Goderbauer aus München an. Er zeigte im "Fungo" eine Erinnerungsarbeit aus Heizradiatoren in den deutschen Nationalfarben und grünweißroten Badetüchern, die unterm Dach zum Trocknen ausgehängt waren. Botschaft: Österreich gab es in der bundesdeutschen Touristenperspektive nicht und am Brenner beginnt der Strand. Wunderbar sarkastisch brachte das Künstlerduo "Kraxentrouga Artbrothers", vulgo Armin Mutschlechner und Luis Seiwald, den Befund auf den Punkt, dass auch am Brenner trotz aufgehobener Schlagbäume ein real existierendes Grenz-Gefühl überlebt hat. In einer Fotoarbeit mit dem dialektalen Titel "Grenzen-lous´n" lauschen die beiden mit dem Kopf auf den Geleisen der "Grenzenlosigkeit" nach. In den restlichen Arbeiten war von der schmerzhaften Ruptur, die diesen Ort von seiner Geschichte trennt, wenig zu spüren. Ekkeland Götze aus München zeigt im österreichischen Zollhaus seine Terragrafien, mit denen er auf sehr poetische Weise die unterschiedlichen kulturellen, geologischen oder politischen Bedeutungen der Orte in eine objektiven Form zu bringen versucht. Die monochromen Blätter, deren Erden er am Amazonas und in den USA entnommen hat, hängen auf einer Wäscheleine und können nur durch die Fenster betrachtet werden. Wer um das Gebäude herumgeht, begibt sich quasi auf eine Reise von Norden nach Süden. Wenig bis gar nicht haben sich die Künstler der lokalen Künstlergruppe vom Verein Lurx mit den konkreten Gegebenheiten des Brenners auseinandergesetzt. Karl Volgger, Johannes Stötter, Robert Engl , Damir Lukic, Pepi Seidner und Christoph Volgger benutzten die Räume schlicht als Galerie. Als Hinweis, dass es im Wipptal wenig bis keine Gelegenheiten zum Austellen gibt, mag das genügen, aber mehr als Dekoration war das nicht. Eine verpasste Gelegenheit.

Was bleibt vom Brennerevent? Die Erkenntnis, dass nach dem Grenzsterben von der Grenze die Grenzkultur bleibt, die ihrem musealen Charakter nur durch Events entgehen kann? Der Politik dauert der Abschied von der Grenzfolklore sowieso schon zu lang und man entwirft bereits "lebendige Raststätten". Die Erinnerungsarbeit bliebe damit der immobilen Hinterlassenschaft. Sofern sie
überlebt.
Neue Südtiroler Tageszeitung
Mi 4.9.2002 Nr. 176

Schmuggler unter sich
Ein bisschen Nostalgie nach der Grenze hat die Grenzenlosigkeit doch noch übrig gelassen - zumindest die Nostalgie nach dem Adrenalinstoß beim Schmuggeln. Seit dem Schengen-Abkommen ist von diesem Kick bekanntlich nur mehr die Furcht vor der Radarfalle übrig geblieben und bei den ehemaligen Grenzgängern die Lust, alte Schmugglergeschichten zu erzählen. Die ideale Gelegenheit dafür bot das Brennerevent vom vergangenen Wochenende und diese wurde von den zahlreichen Politikern auch weidlich genutzt. Von Landesrat Bruno Hosp, über Michl Laimer bis Ferdinand Eberle outeten sich alle freimütig als ehemalige Kleinschmuggler.
Österreichische Medien
Kronenzeitung vom 31.8.2002-09-13

Internationale Künstlerschar stellt heute und morgen in den Ex-Zollhäusern aus

Grenze um Grenzen zu verschieben

Der Brenner - Symbol der Trennung von Nord- und Süd, Tor zu Italien und mittlerweile Geschichte und Grenzruine. Um diesen besonderen Ort wieder etwas in den Mittelpunkt zu stellen, inszeniert der Verein LURX heute und morgen ein sehenswertes Kultur-Event. An der Grenze soll Kunst helfen, (geistige) Grenzen zu verschieben.
Das Zusammenspiel der verschiedenartigsten Bauten und seine Geschichte machen das besondere Flair des Brenners aus. Aber niemand weiß, was mit diesem besonderen Ort geschehen soll. "Auch wir bieten keine Lösungen an", gesteht Initiator Peter Kaser, Künstler aus Gossensass und Präsident des Vereines LURX, "aber wir wollen, dass man ein wenig über die Situation sinniert, im positiven Sinn".
Internationale Künstler - vom Dresdner Ekkeland Götze über den Münchner Valentin Goderbauer bis zum Innsbrucker Franz Wassermann und dem Meraner Matthias Schönweger - zeigen in den seltsam wirkenden Räumlichkeiten ihre Arbeiten. Das Event steigt heute und morgen - die Ausstellung von Ekkeland Götze ist einen Monat zu sehen.

SL. Ruef
Bezirksblatt vom 4. September 2002 - Tamara Kainz Seit das Schengen-Abkommen 1998 in Kraft getreten ist, ist aus den ehemals florierenden Handels- Wirtschafts- und Verkehrstummelplatz Brenner ein relativ ruhiger Ort geworden. Einen Beitrag dafür, dass das Grenzdorf nicht "ausstirbt" liefern jetzt Kulturinitiativen des nördlichen und südlichen Wipptals. Unter dem Motto "Kultur ohne Grenzen" oder "Senza Confini" wurden vergangenes Wochenende Kulturinstallationen in den ehemaligen Zollhäusern eröffnet.

Künstler, Zeitzeugen und Historiker versuchen also, den Brenner mit seinen Zollhäusern, seinen Polizeistationen und seinem Grenzbahnhof wieder aufleben zu lassen. Veranstalter des grenzübergreifenden, multimedialen Kultur-Events, das zur Aufwertung der Brennerregion beitragen soll, sind das Kuratorium für Technische Kulturgüter (Bozen), die Gruppe "Lurx - Verein für Kunst- und Kultur am Brenner" und die Gemeinde Brenner Gossensass in Zusammenarbeit mit dem Leader+ Verein Wipptal.

Brenner soll revitalisiert werden
Leader + Beauftragter Mag. Josef Baumann erwartet sich von dieser Neuheit so einiges: "Ich könnte mir vorstellen, dass man auf diesem Areal mehrmals jährlich Kulturveranstaltungen durchführt. Das Einzugsgebiet ist meiner Meinung nach ein großes. Es reicht von Innsbruck bis Bozen. Der Brenner soll mit derartigen Projekten belebt und revitalisiert werden." Der offizielle Startschuss ist also gefallen, namhafte Künstler stellen bereits einige ihrer Exponate in den Zollhäusern aus. Unter riesigem Medieninteresse haben auch zahlreiche Politiker ihre Unterstützung und Anerkennung für dieses Kulturprojekt bekundet.

Grenzen aus dem Kopf verbannen.
LH-Stv. Ferdinand Eberle, italienische Landesräte sowie die Bürgermeister Christian Ehgartner (Brenner-Gossensass) und Willi Schöpfer (Gries) - sie alle waren sich einig: "Die Ausstellungsräume bilden eine Bereicherung für den Grenzort. Man muss endlich lernen, ohne Grenzen zu leben, diese Richtung ist also die richtige und ein erster Schritt, die Grenze aus dem Kopf zu verbannen."

Der Meraner Aktionskünstler Matthias Schönweger sorgte auch am Brenner für Aussehen. Sein inhaltsreiches "Projekt" anlässlich der Eröffnung nannte sich "Fahnenflucht".

Bezirksblatt vom 28.08.2002 KULTUR ohne GRENZEN
Am 30.8., 31.8. und 1.9. 2002 findet am Grenzübergang Brenner ein multimediales Kulturevent statt, bei dem der Regionalentwicklungsverein Wipptal als Veranstaltungsträger beteiligt ist.
Was nun mit Grenzübergängern, die ausgedient haben? Mit Inkrafttreten des Schengen-Abkommens haben Italien und Österreich am 31.8.1998 die Grenzkontrollen am Brenner aufgehoben. Die Zollhäuser sind seitdem verwaist. Warum sie nicht als Veranstaltungsort der etwas anderen Art verwenden.
"Schubhaft" nennt sich das Kunstprojekt von Franz Wassermann in den Amtsräumen der italienischen Grenzpolizei, Ekkeland Götze aus München stellt dort seine Terrografien aus. Er hat sich für seine Installation "Was bleibt, ist die Erinnerung" die Grenzabfertigungskabine ausgesucht, der Aktionskünstler Matthias Schönweger hinterfragt die Symbolik der Grenzen in seiner Arbeit "Der Stoff, aus dem die Fahnen sind", uva.
Die Kunstaktionen werden vom Historiker Hans Heiss, vom Kulturpublizisten Heinrich Schwazer und von der Kunstkritikerin Edith Schlocker präsentiert.
Die Veranstalter freuen sich auf zahlreiche Besucher.
Donnerstag, 29.08.2002 CHRONIK KURIER 10
von Isolde Zwerger
Was tun mit Grenzübergängen die ausgedient haben? Mit In-Kraft-Treten des Schengen-Abkommens wurden am 31. März 1998 auch die Grenzkontrollen am Brenner aufgehoben. Seither -nach Abzug der „Grenzer“ - leben in der Ortschaft nur noch eine Hand voll Menschen. Das soll sich aber bald ändern - auch wenn es nur für ein Wochenende ist.
MULTIMEDIALER EVENT Vom 30. August bis zum 1. September wollen Künstler, Zeitzeugen und Historiker - auch mit Blick auf den bevorstehenden Fall der EU-Ostgrenzen - den Brenner mit seinen Zollhäusern, Polizeistationen und dem Grenzbahnhof noch einmal aufleben lassen.
Für den multimedialen Kulturevent „Kultur ohne Grenzen / Cultura senza Confini“ hat eine internationale Künstlerschar das Thema Grenze aufgegriffen und wird nun am kommenden Wochenende mit Installationen und Aktionen die verschiedensten Assoziationen bei den Besuchern wecken.
Dass Grenzverschiebungen immer weitere Grenzverschiebungen und damit Kriege zur Folge haben, will etwa der Meraner Matthias Schönweger - zum Auftakt der Veranstaltung - mit seiner Installation „Der Stoff, aus dem die Fahnen sind“ zum Ausdruck bringen.
„SCHUBHAFT“ Der Innsbrucker Franz Wassermann präsentiert sein Projekt „Schubhaft“: Seit dem 6. Dezember 2001 besetzt er - symbolisch - für Menschen, die sich in Schubhaft befinden, öffentliche Räume. Aber auch Ekkeland Götze, Valentin Goderbauer und Toni Bernhart setzen künstlerische Signale.
Peter Kaser und Hans Winkler haben den Kunstort „scalini 84 stufen“ angelegt. In dieses Projekt haben die beiden Künstler einen Wasserfall und eine ehemalige Bunkeranlage, deren Schießscharten auf den Brenner zielen, mit eingebaut. Der Südtiroler Krimi-Autor Kurt Lanthaler will - mit einer literarischen Installation - dazu eine Brücke schlagen.
Bevor am Samstag um 10.30 Uhr die Veranstaltung offiziell eröffnet wird, darf bereits am Freitag ab 18 Uhr mit einem Open Air, Graffiti-Kunst und Buffet gefeiert werden.
Tiroler Tageszeitung
Aufwertung des Brenners

Wie kann der Brenner aufgewertet werden?


BRENNER (ea). Darum ging es am Wochenende in einer Veranstaltung am Brenner, organisiert vom Südtiroler Kuratorium für technische Kulturgüter und der Kunstgruppe Lurx. Vor allem eine museale Nutzung der ehemaligen Gebäude von Polizei- und Zollwache wird immer wieder angeregt. So soll laut Willi Schöpfer, Bürgermeister von Gries a.Br., im Rahmen eines EU-Projekts im österreichischen Zollhaus ein Museum für Moderne Tiroler Kunst eingerichtet werden. LHStv. Ferdinand Eberle und der Südtiroler Kultur-LR Bruno Hosp betonten ihre Hoffnung, die beiden Brenner-Gemeinden mögen noch enger zusammenwachsen.

2002-09-01 19:47:54
Tirol Online Der verwaiste Brenner als musealer Ort
Über Möglichkeiten einer Aufwertung der verwaisten Grenze machte man sich im Rahmen einer Kulturveranstaltung am Brenner Gedanken.

Von ELMAR AUSSERER

BRENNER. Nach dem Inkrafttreten des Schengen-Abkommens haben Österreich und Italien am 31. März 1998 die Grenzkontrollen am Brenner aufgehoben. Die Gemeinde Brenner ist seitdem in eine Art Dornröschenschlaf versunken. Ein Großteil der Bevölkerung am Brenner ist abgezogen, und die Zollhäuser und Amtsräume der Polizei rund um den Schlagbaum sind seitdem verwaist.

Kultur ohne Grenzen

Der Brenner Wochenmarkt, früher ein fixer Termin für die Grenzgänger aus Nordtirol, führt seit der Euro-Einführung ein Schattendasein. Der Wein und die Äpfel, welche die Italienurlauber am Grenzübergang mit den letzten Lire-Scheinen ausgegeben haben, kosten heute in Innsbruck gleich viel wie am Brenner. Die politische Symbolkraft der "Unrechtsgrenze" ist heute fast unsichtbar geworden.
Das Kuratorium für technische Kulturgüter aus Südtirol und die Kunstgruppe "Lurx" haben am vergangenen Samstag und Sonntag in einer grenzenübergreifenden Veranstaltung "Kultur ohne Grenzen" am Brenner das Thema Grenze noch einmal aufgegriffen und auch Anregungen für eine mögliche Aufwertung der Brennerregion gegeben. Schon seit Jahren wird darüber diskutiert, wie man die ehemaligen Gebäuden der Polizei- und Zollwache nutzen kann.

Erinnerungen

Vor allem eine museale Nutzung der Gebäude wurde immer wieder angeregt. So soll laut Willi Schöpfer, BM von Gries am Brenner, im Rahmen eines Interreg-II-Projekts im aufgelassenen österreichischen Zollhaus ein Museum für Moderne Tiroler Kunst eingerichtet werden. Noch nicht so ausgereift sind die Pläne hingegen für das aufgelassene Zollhaus auf italienischer Seite. Ein Abriss ist des völlig verwaisten Hauses wird daher immer wahrscheinlicher.

Die Zeit vor der Beseitigung des Schlagbaumes beschrieben Zeitzeugen wie der österreichische Gemeindearbeiter Josef Pitterl und der italienische Kaufmann Primo Sief. Ihre zum Teil wehmütigen Erinnerungen würzten sie mit einigen amüsanten Anekdote. In den ehemaligen Zollgebäuden waren Kunstinstallationen von Franz Wassermann, Ekkeland Götze und der Wipptaler Kunstgruppe "Lurx" eingerichtet.
Ein Happening von Matthias Schönweger vor dem ehemaligen italienischen Zollhäuschen, der Kriegsspielzeug verbrannte, lenkte die Aufmerksamkeit der vorbeifahrenden Urlauber auf sich.