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Parcours:



Von Ost nach West durch Alt-Tirol
13.08.2014
Von Ost nach West durch Alt-Tirol, per Bahn auf der Zeitreise ins vorige Jahrhundert
Von Ost nach West durch Alt-Tirol, per Bahn auf der Zeitreise ins vorige Jahrhundert
Eine Bahnreise von Ost nach West durch Alt-Tirol führt teilweise über das Übliche hinaus durchs politische Geschehen in und um Österreich. Zwischen 1854 und 1858 verkaufte Österreich seine Staatsbahnen an ausländische Investoren. Grund war die Finanzmisere des Staates. Mit dem Verkauf verband sich die Hoffnung, dass diese privaten Eisenbahn-Gesellschaften Interesse am Weiterbau des Bahnnetzes hätten. Bau und Betrieb vergab der Staat im Konzessionsweg.  Die spannende Publikation von Angela Jursitzka und Helmut Pawelka ist im Alba-Verlag erschienen Eine der großen Gesellschaften Europas war die spätere k.k. privilegierte Südbahn-Gesellschaft, ihre Schaltzentrale lag in Paris. Sie kaufte u.a. die südlichen Bahnen in der Lombardei und Venetien, sowie die Semmeringbahn, aber auch die Strecke Kufstein–Innsbruck. Die einzige Ost-West-Magistrale Österreichs auf eigenem Staatsgebiet verlief seit 1857 von Venedig über Verona nach Mailand. 1860 verlor Österreich die Lombardei an das neue Italien und damit einen Teil seines Streckennetzes. 1866 musste die Monarchie auch Venetien abtreten. Damit fehlte nun eine Ost-Westverbindung nach Tirol.

Die Pustertalbahn

Auf Drängen und mit finanzieller Unterstützung des Staates baute die Südbahn-Gesellschaft die Strecke von Villach nach Franzensfeste. Die Linie Marburg/Maribor an der Südbahn bis Villach wurde schon 1864 eröffnet. Der Abschnitt Lienz–Franzensfeste, als Pustertalbahn bezeichnet, mündet seit 1871 bei Franzensfeste in Brennerbahn Innsbruck–Bozen, 1867 ebenfalls von der Südbahn-Gesellschaft erbaut. Mit allen Merkmalen einer Gebirgsbahn, wie jede der Bahnen des Buches. Ein herausragendes Ingenieur-Bauwerk wurde die Eisackbrücke bei Franzensfeste. Rund 200 Meter lang, konnte sie im Kriegsfall eingezogen werden.

Jetzt stand zwar der Schienenweg nach Bozen und weiter nach Verona, aber von Bozen aus blieb der Westen zunächst unerschlossen. Südtirol setzte sich vehement für einen Weiterbau von Bozen über Meran nach Mals ein. Ab Mals plante man einen Anschluss an die Schweiz. Das deckte sich auch mit den Ideen mancher Schweizer Bahnbauer für eine internationale Bahnlinie, die über Bozen und Trient nach Venedig führen sollte. Andererseits sollte Landeck an der Arlbergbahn über den Reschenpass erreicht werden.

Die Wiener Zentralstellen lehnten aber eine umfassende Lösung ab und erlaubten nur den Bau einer Nebenbahn nach Meran (1881 eröffnet) und weiter nach Mals (1906 eröffnet). Die Reschenbahn ab Landeck wurde Ende des Ersten und Zweiten Weltkriegs begonnen, jedoch nie vollendet. Ein Anschluss an das Bahnnetz der Schweiz kam nicht zustande.

Im Ersten Weltkrieg wurde die Pustertalbahn das wichtigste Transportmittel für die in unmittelbarer Nähe verlaufende Dolomitenfront. 1918 fielen diese Bahnen an Italien. Zwischen 1943 und 1945 erlangte vor allem die Brennerlinie, aber auch die Pustertalbahn unter der späteren Bezeichnung „Brennerschlacht“ (Albrich) traurige Berühmtheit. Von 1946 bis 2013 konnte ein Korridorzug zwischen Lienz und Innsbruck über das Pustertal und die Brennerbahn geführt werden. Inzwischen betreibt das Land Südtirol einige Strecken selbst und sparte nicht an der Reaktivierung der Vinschgaubahn.

Die Giselabahn (Salzburg-Tiroler Bahn)

Am 1.8.1860 nahm die k.k. privilegierte Kaiserin Elisabeth-Bahn die Strecke Wien–Salzburg in Betrieb. Damit war Tirol über bayerisches Staatsgebiet erreichbar. Aber nach 1866 sah die Situation geopolitisch bedenklich aus. 1871 folgte die Gründung des Deutschen Reichs, dem eine innerösterreichische Bahnlinie folgen musste. Den Bau der Strecke von Salzburg über Bischofshofen, Zell am See nach Wörgl übernahm die k.k. privilegierte Kaiser Elisabeth-Bahn. Eröffnet am 6.8.1875, war eine um rund 150 Kilometer kürzere Konkurrenz zur Pustertalbahn entstanden. 1881 geriet die Bahngesellschaft in finanzielle Turbulenzen, und mit der Westbahn Wien–Salzburg fiel auch die Giselabahn an den Staat. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Linie aus militärischen Erwägungen zweigleisig ausgebaut.

Die Arlbergbahn

Nunmehr trat der Staat wieder als Bahnbauer und -Betreiber auf. Zwischen 1881 und 1884 entstand die Arlbergbahn Innsbruck–Landeck–Bludenz. Der mehr als 10 Kilometer lange Arlberg Tunnel und Steigungen von über 30 Promille forderten Mensch und Technik. Das Zwischenstück Wörgl–Innsbruck verblieb aber bei der Südbahn-Gesellschaft bis 1.1.1924. Dann fielen alle heimischen Südbahn-Strecken an die Österreichischen Bundesbahnen.

Ein vorerst namenloser Wien-Arlberg-Paris-Express verkehrte ab 1897 täglich über die Giselabahn und den Arlberg nach Paris. Im Jahr 1905 fuhr er um 10.00 Uhr in Wien ab. Sein Ausgangspunkt war Budapest. Um 1930 wurde diese Tradition wieder aufgenommen, nachdem der Erste Weltkrieg den Reiseverkehr zum Erliegen gebracht hatte. Heute fahren Railjet-Züge von und nach Wien die kürzere Strecke über Rosenheim. Die Giselabahn ist vor allem ein wichtiger Zubringer zur Tauernbahn ab Schwarzach-St. Veit nach Spittal an der Drau und Villach.

Eisenbahngeschichte ist nicht nur Technik-, sondern auch Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Wie war die finanzielle Situation der privaten Bahnen? Wie erging es den Arbeitern, woher kamen sie? Und was kostete eine Fahrkarte, das „kleine Inhaberpapier“? Das Tiroler Autorenteam hat die Antworten gefunden. Neben den typischen Lokomotiven dieser Bahnen, dem Brücken- und Oberbau kommt auch die Architektur der Hochbauten nicht zu kurz, soweit sie die letzten hundert Jahre überdauerten. Auch Neues ist entlang der Gleise entstanden.

Das Autorenteam Dr. Helmut Pawelka aus Kramsach und Angela Jursitzka aus Innsbruck vollendete mit ihrem dritten Eisenbahnbuch eine Trilogie der großen Eisenbahnen Tirols. Bereits erschienen bei Alba Publikation: „Tirols Schienenweg in den Süden“, 2007 und „Bahn im schroffen Fels“, 2011.